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Bochum in der NS-Zeit

Zwangsarbeiter im NS-Staat und ihr Schicksal in Bochum

Bochum in der NS-Zeit

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Über zehn Millionen Menschen waren während des Zweiten Weltkrieges als Zwangsarbeiter in Deutschland. Ohne sie hätte weder die Ernährung noch die deutsche Kriegswirtschaft aufrecht erhalten werden können. In der genannten Zahl sind diejenigen Arbeitskräfte nicht enthalten, die in ihren - von deutschen Truppen besetzten - Heimatländern Zwangsarbeit für das deutsche Reich leisten mussten.

Die genaue Zahl der Zwangsarbeiter in Bochum ist nicht bekannt. Im Juli 1943 waren es circa 17.000, bis Ende Februar 1944 stieg ihre Zahl auf etwa 30.000 an, und noch im April 1945 waren mehr als 27.000 Zwangsarbeiter in Bochum. Da es eine hohe Fluktuation gab, ist anzunehmen, dass die Gesamtzahl der Menschen, die in Bochum Zwangsarbeit leisten mussten, deutlich höher war als 30.000. Mehr als die Hälfte von ihnen kam aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion; große nationale Gruppen bildeten auch Italiener und Franzosen. Die Zwangsarbeiter waren in nahezu allen Wirtschaftsbereichen tätig: im Bergbau, in Rüstungsbetrieben, in anderen Großbetrieben, in der Bauwirtschaft, in der Gastronomie, in Handwerksbetrieben, bei der Reichsbahn und kommunalen Verkehrsbetrieben, in der öffentlichen Verwaltung, in der Landwirtschaft, in Privathaushalten und anderen. Die meisten der Bochumer Zwangsarbeiter wurden im Bergbau eingesetzt - im April 1945 noch über 10.000! Der größte von der Zwangsarbeit profitierende Einzelbetrieb in Bochum war der Bochumer Verein. Die Zwangsarbeiter in Bochum waren in über 100 über das ganze Stadtgebiet verstreuten Lagern untergebracht, lebten häufig hinter Stacheldraht. Einige trafen es besser und kamen in Privatunterkünften unter, dies vor allem auf Bauernhöfen, in Kleinbetrieben, der Gastronomie und privaten Haushalten.

Ursache für den massenhaften Einsatz von Zwangsarbeitern im deutschen Reich war der kriegsbedingte Mangel an Arbeitskräften. Entgegen dem NS-Ideal, das die Aufgabe der Frau am heimischen Herd sah, waren bereits zahlreiche Frauen an die Werkbänke geholt worden. Doch konnten sie die Lücken, die die als Soldaten im Krieg befindlichen deutschen Arbeiter hinterlassen hatten, nicht ansatzweise füllen - und weiterer Ersatz musste her. Der Einsatz der Zwangsarbeiter in Deutschland verlief stufenweise und nicht unbedingt planvoll. Direkt nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden circa 100.000 polnische Kriegsgefangene in der deutschen Landwirtschaft eingesetzt. Danach wurden polnische Zivilarbeiter 'angeworben', die zunächst mit falschen Versprechungen ins deutsche Reich gelockt und später mit immer brutaleren Methoden erfasst und nach Deutschland verschleppt wurden. Entsprechend dem Kriegsverlauf wurden weitere Gruppen ausländischer Arbeitskräfte für den Arbeitseinsatz im Reich 'erschlossen': Holländer, Belgier, Franzosen, Jugoslawen, Kroaten und so weiter, vor allem aber Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, die so genannten "Ostarbeiter", die in Bochum und im ganzen Reich die größte Gruppe stellten. Die zum Arbeitseinsatz nach Deutschland verschleppten ausländischen Arbeitskräfte kamen aus 18 Ländern. Es waren meist junge Menschen zwischen 16 und 40 Jahren. Die Westeuropäer waren überwiegend Männer, während es sich bei der Hälfte der polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter um Mädchen und junge Frauen handelte. Die Vermittlung der Zwangsarbeiter an die Betriebe und Verwaltungen übernahmen die Arbeitsämter.

Mehrere Gruppen von Zwangsarbeitern lassen sich voneinander unterscheiden:

  • Kriegsgefangene (in Bochum waren dies im April 1945 noch circa 2.400, die in 15 Kriegsgefangenenlagern untergebracht waren);
  • ausländische Zivilarbeiter aus Westeuropa und Südeuropa, aus Polen und aus der ehemaligen Sowjetunion
  • Häftlinge aus Konzentrationslagern;
  • jüdische Bürger, die vor ihrer Deportation in die östlichen Ghettos und Vernichtungslager Zwangsarbeit leisten mussten (häufig im Straßenbau)
  • Polizeihäftlinge und Insassen so genannter Arbeitserziehungslager

Je nach Status gestalteten sich die Bedingungen für die zur Zwangsarbeit herangezogenen Menschen sehr unterschiedlich. Es gab ein System der differenzierten Behandlung, das von der an den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitskräfte orientierten "Dienstverpflichtung" im Reich bis hin zur "Vernichtung durch Arbeit" reichte. An der Spitze der Werteskala sahen die Nationalsozialisten die Angehörigen "germanischer" Völker wie Dänen, Holländer und so weiter, während die als "rassisch minderwertig" eingestuften "Ostarbeiter", am unteren Ende rangierten. Die allerschlechteste Behandlung aber hatten die jüdischen Zwangsarbeiter zu ertragen.

Für polnische und sowjetische Zwangsarbeiter schufen die Nationalsozialisten ein Sonderrecht. Begleitend zu den ersten Einsätzen polnischer Arbeitskräfte im Reich erschien ein diese Menschen diskriminierender "Polenerlass" mit Reglementierungen und Schlechterstellungen gegenüber deutschen und auch westeuropäischen Arbeitskräften wie die Kennzeichnungspflicht durch ein an der Kleidung zu tragendes "P", geringe Löhne und geringere Verpflegungsrationen. Die im "Polenerlass" enthaltenen Bestimmungen wurden für sowjetische Staatsangehörige noch weiter verschärft und erfuhren ihren Niederschlag im "Ostarbeitererlass" vom 20. Februar 1942.

Die osteuropäischen Arbeitskräfte lebten in bewachten, häufig mit Stacheldraht umzäunten Barackenlagern. Der "gesellige" Umgang mit Deutschen war ihnen verboten. Intime Beziehungen zu deutschen Frauen standen unter Todestrafe. Öffentliche Verkehrsmittel durften nur mit Sondergenehmigung benutzt werden, der Zugang zu öffentlichen Räumen war ihnen untersagt. Arbeitsschutzbestimmungen galten für Polen und Russen nicht. Die Lebensverhältnisse der polnischen und sowjetischen Arbeitskräfte waren in der Regel schlecht bis katastrophal. Die Baracken waren im Winter kaum beheizt, die hygienischen Zustände in vielen Lagern führten zu lebensbedrohlichen Krankheiten. Viele starben daran, andere aus Hunger oder Entkräftung. Wer in der Landwirtschaft oder in privaten Haushalten eingesetzt war, hatte in der Regel mehr 'Glück'. Aber auch sonst war die Behandlung der Zwangsarbeiter nicht überall gleich. Der Handlungsspielraum und Ermessensspielraum der einzelnen Betriebe war erheblich. Der zunehmende Bombenkrieg führte zu weiteren Verschlechterungen. "Fremdvölkischen" war es zum Beispiel nicht erlaubt, die Bunker zu benutzen, die sie - gerade auch in Bochum - für die einheimische Bevölkerung im harten Arbeitseinsatz mit erbaut hatten. Viele kamen bei Luftangriffen aufs Ruhrgebiet ums Leben. Auch die Ernährungslage verschlechterte sich weiter - zumal auch für die Deutschen eine zunehmende Lebensmittelverknappung zu verzeichnen war. Andererseits führte der für Deutschland negative Kriegsverlauf zu einer Verbesserung der Situation der "Ostarbeiter"! Der unbeschränkte Zugriff auf weitere Arbeitskräfte war nicht mehr gegeben. 'Nachschub' war nicht mehr ohne weiteres zu beschaffen. Dies bedeutete, dass mit dem vorhandenen Arbeitskräftepotential pfleglicher umzugehen war. Aus wirtschaftlichen - nicht aus humanitären - Gründen wurden die Ostarbeiter den anderen Arbeitskräften in puncto Ernährung nach und nach gleichgestellt. Gegen Kriegsende tauchten Anweisungen von 'oben' auf, die zu einem rücksichtsvolleren Umgang mit den osteuropäischen Arbeitskräften aufforderten und angemessenere Verpflegungsrationen festsetzten. Ob allerdings das, was per Verordnung vorgegeben war, in den Betrieben und Lagern umgesetzt wurde, ist eine andere Frage. Viele Deutsche auf den unteren Ebenen nutzten ihre Funktionen aus und verdienten an den Zwangsarbeitern mit - auch in Bochum. Sie nötigten einzelne Zwangsarbeiter zu ungünstigen Tauschgeschäften oder bestahlen sie auf andere Weise, unter anderem durch die Verschiebung von Nahrungsmitteln. Einen besonderen dreisten Fall des Lebensmitteldiebstahls meldete zum Beispiel der Betriebsarzt der Zeche Hannover Hannibal, der einen deutlichen körperlichen Verfall in einem Zwangsarbeiterlager festgestellt hatte. Die Ursache war schnell gefunden: Die für die Lebensmittelversorgung Verantwortlichen hatten einen beachtlichen Teil der den Zwangsarbeitern zustehenden Rationen nicht ausgegeben und stattdessen ein Schwein für sich gemästet.

Mit dem in der Endphase des Zweiten Weltkrieges weiter zunehmenden Mangel an Arbeitskräften wurden auch Häftlinge aus Konzentrationslagern zur Zwangsarbeit auf deutschen Boden herangezogen. In Bochum waren es ab Juni 1944 etwa 2.400. 'Verwaltet' wurden sie vom Konzentrationslager Buchenwald, das in Bochum zwei Außenlager unterhielt: eines, mit etwa 600 bis 700 Häftlingen, bei der Eisen- und Hüttenwerke AG, das andere - und größere der beiden -, mit über 1.700 meist jüdischen Häftlingen, beim Bochumer Verein. Im Werk mussten die KZ-Häftlinge zwölf Stunden täglich Schwerstarbeit leisten und eine unmenschliche Arbeitsnorm erfüllen. Wer die nicht schaffte, wurde mit Schlägen und Nahrungsentzug bestraft, was für die erschöpften Menschen häufig den Tod zur Folge hatte. Im Lager waren sie den Schikanen der SS ausgesetzt. Das Konzentrationslager Buchenwald kassierte - je nach Qualifikation - einen 'Mietpreis' von vier bis sechs Mark pro Arbeitskraft und Tag. Davon durfte der Betrieb die Kosten für Verpflegung und Unterkunft abziehen. Die Häftlinge selbst erhielten keinen Lohn für ihre Arbeit. Nach den schweren Luftangriffen auf Bochum wurden "Bombenräumkommandos" aus KZ-Häftlingen zusammengestellt, die unter Lebensgefahr Bochums Straßen und Plätzen von den niedergegangenen Bomben freilegen mussten. Im März 1945 wurden die beiden Bochumer Außenkommandos des Konzentrationslagers Buchenwald aufgelöst und "wegen Feindnähe" zurückgenommen. Viele starben auf dem Transport nach Buchenwald.

Ein Großteil der nach Deutschland verschleppten Menschen hat den harten Arbeitseinsatz nicht überlebt. In Westfalen starben während des Zweiten Weltkrieges insgesamt circa 123.000 Zwangsarbeiter (zivile ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene). Wie viele Zwangsarbeiter in Bochum umgekommen sind, ist noch nicht nachgewiesen. Auf dem Bochumer Hauptfriedhof Freigrafendamm sind etwa 1.800 Zwangsarbeiter beigesetzt, die meisten davon Sowjetbürger, aber auch Polen, Jugoslawen, Belgier und Franzosen. Auf dem jüdischen Friedhof an der Wasserstraße stehen Grabsteine für 52 Häftlinge, die in den Bochumer Außenlagern des Konzentrationslagers Buchenwald ums Leben kamen. Ein Ende 2000 erschienenes Gedenkbuch für die Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid enthält die Namen von bisher 93 jüdischen KZ-Häftlingen, die in Bochum Zwangsarbeit leisten mussten und dies nicht überlebten.