Die Stadt Bochum wurde in den letzten Monaten durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) überörtlich geprüft. Ziel der Prüfung war es, die wirtschaftliche, rechtskonforme und zukunftsfähige Aufgabenerledigung der Stadt Bochum zu bewerten und Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden jetzt durch den Projektleiter Dirk Hungermann und die Prüferin Maike Wendt im Rechnungsprüfungsausschuss vorgestellt.
Michael Esken, Präsident der gpaNRW, nahm ebenfalls an der Präsentation teil. „Alle Städte und Gemeinden, insbesondere aber die kreisfreien Städte wie Bochum, stehen vor großen Herausforderungen. Trotz schwieriger finanzieller Perspektiven müssen sie sich zukunftsfähig in vielen kommunalen Themen von der Digitalisierung bis hin zum Krisenmanagement oder dem Klimaschutz aufstellen. Die Hinweise und Empfehlungen der gpaNRW sollen hierbei Unterstützung bieten“, leitete er den Vortrag ein.
Trotz positiver finanzieller Entwicklung weiter Konsolidierungsbedarf
„In den Jahren 2019 bis 2023 hat die Stadt Bochum durchweg positive Jahresergebnisse erzielt und damit ihre Eigenkapitalausstattung gestärkt. Aufgrund der negativen Ergebnisplanung, die innerhalb weniger Jahre zum vollständigen Verbrauch der Ausgleichsrücklage führen würde, sehen wir dennoch einen steigenden Konsolidierungsbedarf“, stellt Projektleiter Dirk Hungermann fest. Bedenklich sei zudem, dass die vergleichsweise hohen Verbindlichkeiten aufgrund geplanter Investitionen voraussichtlich weiter ansteigen werden.
Digitalisierung schreitet in vielen Aufgabenfeldern voran
Wichtige Voraussetzung für eine effiziente Verwaltung ist die in Bochum gut aufgestellte IT. Insbesondere bei der Digitalisierung, beim Prozessmanagement und der Steuerung der Schul-IT erzielt die Stadt gute Ergebnisse. Zur Optimierung empfiehlt die gpaNRW noch, die strategischen Vorgaben zu konkretisieren und ein vollumfängliches IT-Notfallkonzept zu erstellen. Die fortschreitende Digitalisierung ermöglicht auch in Aufgabenfeldern wie der Bauaufsicht und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst effizientere Arbeitsabläufe und mehr digitale Angebote für Bürgerinnen und Bürger.
Ambitionierte Klimazielsetzung
Die gpaNRW hat betrachtet, wie die kreisfreien Städte ihrer klimapolitischen Vorbildfunktion nachkommen. Die Stadt Bochum verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2035 treibhausgasneutral zu werden. Das in der Bochumer Verwaltung bereits von vielen Beschäftigten praktizierte mobile Arbeiten trägt dazu bei, den Schadstoffausstoß durch betriebliche Mobilität zu verringern und Büroflächen einzusparen. Zudem hat die Stadt verstärkt in ihre Immobilien investiert, um energetische Verbesserungen zu erreichen. „Für einen treibhausgasneutralen Gebäudebestand bis 2035 müsste der Finanzmitteleinsatz aber noch deutlich ansteigen“, mahnt der Projektleiter. Die gesetzlichen Vorgaben fordern die gesamtstätische Klimaneutralität bis spätestens 2045. Zu berücksichtigen ist, dass die Stadtverwaltung selbst nur begrenzten Einfluss auf die Reduzierung der schädlichen Treibhausgase hat, da Industrie und private Haushalte den größten Beitrag leisten müssen.
Steigender Bedarf bei der Jugendhilfe
Wie in vielen Kommunen steigen auch in Bochum die Aufwendungen für die Jugendhilfe tendenziell an. Bei einer durchschnittlichen Falldichte sind die Aufwendungen im Vergleich aber noch geringer als in den meisten anderen kreisfreien Städten. „Hier zeigt der ausgeprägte präventive Ansatz des Jugendamtes Erfolg. Viele Hilfeleistungen können ambulant erbracht werden und damit günstiger als bei einer stationären Hilfe. Bei den stationären Hilfefällen wirkt sich allerdings belastend aus, dass in Bochum wenig Pflegefamilien zur Verfügung stehen, die Kindern und Jugendlichen ein temporäres Zuhause geben können“ erläutert gpa-Prüferin Maike Wendt.
Angesichts steigender Bedarfe käme es darauf an, die vorhandenen Ressourcen noch zielgerichteter einzusetzen. Vor diesem Hintergrund seien Refinanzierungsmöglichkeiten wichtig. Im Rahmen ihrer Controllingtätigkeiten sollte die Stadt die einzelnen Kostenerstattungsarten systematischer prüfen. Eine frühzeitigere Einbindung der Wirtschaftlichen Jugendhilfe könne dazu beitragen, ein unzuständiges Handeln zu verhindern. Um die Hilfegewährung effizienter zu gestalten, sollte die Stadt Bochum zudem eine reibungslose und benutzerfreundliche Nutzung der digitalen Akte ermöglichen.
Für Krisen gerüstet
Beim Kommunalen Krisenmanagement kann die Stadt Bochum einen guten Entwicklungsstand vorweisen. „Die Stadt zeigt ihr Verantwortungsbewusstsein, indem sie eine kontinuierliche Risikoanalyse betreibt und für ihre besonders kritisch eingestuften Risiken bereits Bewältigungsstrategien entwickelt hat“, lobt Maike Wendt. Auf Szenarien wie z.B. andauernde Stromausfälle, Hochwasserlagen und Kampfmittelverdachtsfälle sei sie gut vorbereitet. Die Prüferin empfiehlt noch ergänzende formelle Konzepte z.B. für den Notfallbetrieb und für die Einbindung von Spontanhelfenden.
Oberbürgermeister Thomas Eiskirch erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Bochum ist ambitioniert und bleibt das auch. Die regelmäßige Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt ist dabei einer der Gradmesser, um die eigene Entwicklung im Vergleich mit den anderen Städten in NRW zu betrachten. Sie zeigt, dass wir in vielen Bereichen auch im interkommunalen Vergleich sehr gut aufgestellt und teilweise sogar Vorreiter sind. Das gilt für die überdurchschnittliche Eigenkapitalstärke genauso wie für die Verankerung der Nachhaltigkeitsziele im städtischen Haushalt. Bei der Digitalisierung von Verwaltung und Schule schneiden wir durch das große Engagement der letzten Jahre sogar überdurchschnittlich gut ab. Bei Klimaschutz und Krisenmanagement ist viel passiert. Insgesamt zeigt sich, dass wir in Bochum auf einem wirklich guten Weg sind.“