Das Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Wittener Straße 47, präsentiert den Vortrag „Die Bochumer Symphoniker im Nationalsozialismus“. Am Mittwoch, 12. Juni, um 19 Uhr referiert Prof. Dr. Constantin Goschler über eine von den Bochumer Symphonikern in Auftrag gegebene Studie zu diesem Thema. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
An der Geschichte der Bochumer Symphonik lässt sich die Gesellschaftsgeschichte des Nationalsozialismus‘ exemplarisch nachvollziehen. Bereits am Ende der Weimarer Republik wurde dieses Orchester unter seinem Leiter Leopold Reichwein, der offen als Antisemit und Nationalsozialist auftrat, stark politisiert. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme fand dies auch im Bochumer Orchester statt: Karrieren wurden nun an Parteimitgliedschaft geknüpft. Als Städtisches Orchester beteiligten sich die Bochumer Symphoniker daran, die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ auch akustisch herzustellen. Während des Zweiten Weltkriegs intensivierte sich die Politisierung des Orchesters noch weiter. Neben Wehrmachtskonzerten, die auch Tourneen in die besetzten Gebiete im Westen und im Osten einschlossen, fanden regelmäßige Aufführungen anlässlich von nationalsozialistischen Festveranstaltungen statt. Wurden anfänglich noch die Erfolge der Wehrmacht gefeiert, sollten die Konzerte später nicht zuletzt die Moral der Ausgebombten und der „volksdeutschen“ Umsiedler hochhalten. Zum 1. September 1944 wurde das personell bereits stark ausgedünnte Orchester schließlich kriegsbedingt stillgelegt. Es hatte versucht, die sich unter dem NS-Regime eröffnenden Gelegenheiten zu nutzen sowie die zunehmenden Einschränkungen des Kulturlebens durch den Verweis auf die Kriegswichtigkeit von Kultur zu beschränken. Damit nahm es die ihm zugedachte politische Rolle der Musik im Nationalsozialismus bereitwillig an und trug auf seine Weise selbst dazu bei, die Wirklichkeit des Nationalsozialismus kulturell mitzugestalten.
(10. Juni 2024)